Am Anfang, etwa um 2017, gab es bei mir die Überlegung, den biographischen Spuren des ev. Pfarrers Hermann Umfrid (1892-1934) nachzugehen. Das Thema schien überregionale Relevanz zu haben. Hermann Umfrid habe gegen den Nationalsozialismus Widerstand geleistet, die Nazis hätten ihn in den Tod getrieben. Die Niederstettener Geschehnisse des 25. März 1933 seien reichsweit die ersten Judenpogrome im nationalsozialistischen Deutschland gewesen.

Umfrids biographische Spuren waren dünn. Meist ging es um seine Predigt vom 26. März ("Das war nicht recht..."), die Artikel über ihn, so schien es, schrieben mehr oder weniger von einander ab.

Dann hörte ich über einen ehemaligen Freund Anfang 2019 von einem Niederstettener Arbeitskreis Hermann Umfrid. Wer diesem Arbeitskreis angehörte, erfuhr ich nicht.

Ich teilte diesem ehemaligen Freund mit, was ich inzwischen – quasi zwischen Tür und Angel – recherchiert hatte, auch daß die bisherigen Darstellungen nicht unproblematisch seien.

Es hätte nahe gelegen, daß mein ehemaliger Freund meine Bedenken in den Arbeitskreis eingebracht hätte, daß man mich vielleicht einmal dazu eingeladen hätte, um vielleicht von meinen Forschungsergebnissen zu profitieren.

Das geschah aber nicht.

Ich forschte weiter: im Landeskirchlichen Archiv, wo ich Umfrids Personalakte einsehen konnte; im Stadtarchiv Stuttgart, wo ich die Sterbeurkunde fand; im Staatsarchiv Ludwigsburg, wo die Wiedergutmachungsakte zu finden ist.

Inzwischen war wohl auch der Arbeitskreis aktiv. Ein Förderantrag für das LEADER-Projekt war gestellt worden, ein Gedenkpfad für 185.000 Euro in Auftrag gegeben.

Und ich fragte mich, womit sich dieser Arbeitskreis denn beschäftigt haben mochte, denn selbst das Trivialste, Umfrids Sterbeort, war zur damaligen Zeit von ihm falsch angegeben worden.

Angeblich waren alle Akten in Niederstetten beim Bombenangriff verbrannt, freilich, nicht aber die an seinem Geburtsort, in Stuttgart. Und weil im Todesfall die Meldung immer an den Geburtsort geht, hätte man nur mit einem simplen Telefonat in Stuttgart nachfragen müssen, um zu erfahren, daß Umfrid nicht in Niederstetten, wie überall falsch angegeben, sondern in Stuttgart gestorben ist..

Dazu kam eine Unzahl an Ungereimtheiten, um die man sich hätte kümmern können. Etwa, daß der "Judenfreund" Umfrid, ohne von irgend jemandem dazu gedrängt worden zu sein, einen "fanatischen Judenhasser" (seine Witwe in einem 1982 erschienenen Aufsatz) zu einem Vortrag nach Niederstetten eingeladen hatte. So etwa, als würde man als Ausweis besonderer demokratischer Gesinnung einen Björn Höcke zum Vortrag nach Niederstetten einladen...

So setzte ich meine bisherigen sporadischen Recherchen fort, zunächst indem ich die damalige Tagespresse, die Oberamtszeitung "Vaterlandsfreund" (ab Herbst 1933 umgenannt in "Der Franke") durchsah, später die Aktenüberlieferung im Staatsarchiv Ludwigsburg hinzuzog.

Das Interesse an den hiesigen Vorgängen, über Umfrid hinaus, wuchs, die Ergebnisse finden Sie hier. Sie wachsen, und am Ende mag wohl eine Geschichte einer liebenswerten Hohenloher Kleinstadt stehen, die leider auch ihre nicht so strahlenden Seiten hat.