1. Landfrauentag des Bezirks Gerabronn in Niederstetten am 29. März.
Niederstetten, 30. März. Wieder war die Turnhalle Ausstellungsraum und diesmal für hauswirtschaftliche Erzeugnisse. In kunstvoller Aufmachung zeigen hier die Hausfrauen der verschiedenen Ortsvereine, sowie die Haushaltungsschule Schrozberg und die Näh- und Kochschule Niederstetten ein Bild ihres vielseitigen Betätigungsfeldes, das höchste Achtung vor dem Beruf der Frau gebietet. Unter der Devise : "Sauberkeit in Küch und Keller ist der Hausfrau Harmonie!" ladet der Kochkurs zum Beschauen seiner Kunst ein. Der L. H. V. Schrozberg stellt an Wäsche usw. aus, was eben in einem Haushalt vonnöten ist, in fein säuberlicher Art. Auch der Osterhase hat seinen Weg in die Ausstellung gefunden und zwar in solch verlockender Art, daß es unseren Kleinen eine große Ueberwindung kostet, ohne Kostprobe diese idyllische Nische zu verlassen. "Werktags Arbeit, Sonntags Gäste, saure Wochen, frohe Feste" ist über einen gemütlich aufbereiteten Kaffeetisch zu lesen. Der Kaffee darf gewiß bei Frauen nicht fehlen, wenn sie nach getaner Pflicht ein Plauderstündchen halten. Die Unterhaltungsschule Schrozberg zeigt die Vielgestaltigkeit ihres Lehrbetriebs in mustergültiger Ordnung. Ein Stück Vergangenheit bildet den rückwärtigen Abschluß des Ausstellungsraumes und zwar eine lustige Spinnstube. Geschäftige Hände sind hier an der Arbeit, bei einem fröhlichen Liedlein zu spinnen und zu weben. Alles wollen unsere Hausfrauen zeigen. Neben fertigem Neuem ist auch geflicktes Altes zu sehen. Gefärbte Kleider, stramm gebügelte Hemden, wunderbar gehäkelte und gestrickte Decken in allen möglichen Arten und Größen. Eine reich gespickte Speise mit Schinken, Würsten, Butter, Sulze usw. reizt den Appetit. Kostproben von alkoholfreiem süßem Most verabreicht eine kluge Hausfrau. Neben der Kabine des L. H. V. Niederstetten stellt der Nähkurs Niederstetten seine gefertigten Kleider, Kostüme und Blusen zur Schau, alles in geschmackvoller Aufmachung. Im mittleren Ausstellungsfeld kommt Küche und Keller zum Rechte. Bald hätte ich mich in Einzelheiten verloren und das würde entschieden zu weit führen, all die vielen Sachen beim Namen zu nennen. Jetzt noch kurz in die obere Etage, dort gestatten neben den ausgestellten Lotteriegewinnen die Winterschule Blaufelden und die Gewerbeschule Niederstetten einen Blick in ihre Tätigkeitsfelder. Ja, unsere Frauen verstehen es sehr wohl, Ausstellungen zu machen, die sich in jeder Großstadt sehen lassen können. Der Besuch der Ausstellung war überaus groß, besonders in den Vormittagsstunden. Aus allen Richtungen kamen Frauen mit der Bahn, per Fuhrwerk und Auto und zu Fuß, um die Ausstellung zu besichtigen und an der Tagung der Landfrauen teilzunehmen, die auf 2 Uhr nachmittags im Löwensaal anberaumt war. Lotteriegewinnen die Winterschule Blaufelden und die Gewerbeschule Niederstetten einen Blick in ihre Tätigkeitsfelder. Ja, unsere nieder ja, unsere Frauen verstehen es sehr wohl, Ausstellungen zu machen, die sich in jeder Großstadt sehen lassen können. Der Besuch der Ausstellung war überaus groß, besonders in den Vormittagsstunden. Aus allen Richtungen kamen Frauen mit der Bahn, per Vorwerk und Auto und zu Fuß, um die Ausstellung zu besichtigen und an der Tagung der Landfrauen teilzunehmen, die auf 2 Uhr nachmittags im Löwensaal anberaumt war. Lange vor Beginn der Tagung war dieser Saal überfüllt, so daß eine Parallelversammlung im Gasthaus zur Post abgehalten werden mußte. Die Bezirksvorsitzende, Frau Stadtpfarrer Hahn-Niederstetten, entbot der großen Frauenversammlung, den Vertretern der Stadt und des Oberamts und den verschiedenen landwirtschaftlichen Organisationen herzliche Worte des Willkommens. Die Vorsitzende brachte zum Ausdruck, daß der Zusammenschluß der Landfrauen eine Notwendigkeit ist, um die gebührende Achtung in der Volkswirtschaft zu erlangen. Es sei heute kein politisches Geschenk mehr, sondern das gute Recht der Frau, sich öffentlich zu betätigen. Das Ziel der ländlichen Frauenbewegung gehe in erster Linie dahin, der Ausbildung des weiblichen Nachwuchses in Näh-, Koch- und sonstigen Kursen besondere Sorgfalt zu widmen, sowie die geistige und sittliche Höherentwicklung der Landfrau im allgemeinen zu erreichen. Herr Stadtschultheiß Schroth überbrachte die Grüße der Stadt und Herr Oberamtmann Reyher desgleichen namens des Oberamts. – Der Vorsitzende des Landw. Bezirksvereins, Herr Hermann-Blaufelden, führte aus, daß es ihn besonders freue, daß die Schwesterorganisation klare, zielbewußte Arbeit im Interesse des Bauernstands leisten wolle. – Frau Fürstin zu Hohenlohe-Waldenburg, Landesvorsitzende der L. H. V., sprach in längeren Ausführungen über Organisationsfragen und erwähnte, daß ein Blick in die hauswirtschaftliche Ausstellung in der Turnhalle schon für sich als Lehrmittel spräche. Besonderen Dank zollte Durchlaucht den Vertretern der städtischen und staatlichen Behörden für die Teilnahme an der Tagung. Das Ziel der Organisation sei die Ergänzung der Männer in der Hauswirtschaft und darum auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit. Die Erfahrungen auf allen Gebieten, die in das Bereich der Frau gehören, sollen durch Vorträge und Lehrkurse den L. H. Vereinen übermittelt werden. Spinnen und Weben sollte wieder mehr zur Geltung kommen, besonders als Winterbeschäftigung wünscht die Rednerin die Spinnstube in gewisser Arbeitsgemeinschaft. Das Streben des Landesverbandes der L. H. V. sei, größeren Einfluß beim Reichswirtschaftsrat zu gewinnen und einen Frauenausschuß bei der Landwirtschaftskammer zu verlangen. – Frl. Mayer-Schrozberg sprach über das Thema: "Wie bilden wir unsere Töchter aus?" Manchen guten Wink konnte Frl. Mayer den Müttern geben. Der Kernpunkt ihrer Ausführungen lag darin, vorbereitet und ausgestattet mit Können und Wissen für das Leben sollen junge Mädchen in die Welt hinaus und nicht anders. Zwischen Mutter und älteren Töchtern soll ein Verhältnis bestehen, das einer innigen Freundschaft gleicht. Wenn nicht alle Frauen zu Mütter, so sollen sie doch zur Mütterlichkeit erzogen werden. – Frau Pfarrer Balz-Schrozberg vertrat den Gedanken, daß gerade die Frauen und Mütter ein leuchtendes Beispiel in religiöser und sittlicher Hinsicht sein sollen. – Frau Apotheker Bauer-Schrozberg referierte über "Erfahrungen aus der Vereinstätigkeit" und führte dabei aus, daß die Verkaufsstellen der Ortsvereine noch nicht recht heimisch geworden seien, dagegen fänden die verschiedenen Kurse besseren Anklang. Neben belehrenden Vorträgen werde auch die gesellige Unterhaltung im Ortsverein Schrozberg gepflegt. Mit beredten Worten wußte die Referentin gerade den letzteren Teil der Vereinsbetätigung zu schildern. Die Frau müßte als Glied des Ganzen auch im Vereinsleben ihre Pflicht erfüllen, gleich wie der Mann, neben ihren Hausfrauenpflichten. – Herr Landtagsabgeordneter Klein-Vorbachzimmern befaßte sich in seinen Ausführungen mit politischen Tagesfragen und forderte die Frauen auf, politisch tätig zu sein, denn es sei dies aus der Not der Zeit heraus zur Notwendigkeit geworden. – Herr Dr. Hummel, Generalsekretär des Landw. Hauptverbandes, sprach über "Wirtschaftspolitische Fragen". Er führte aus: Die nächste Zukunft sei für die Landwirtschaft in Dunkel gehüllt und darum sei ein gemeinsames Einstehen des landwirtschaftlichen Haushalts für die Berufsfragen von besonderer Bedeutung, um in wirtschaftlicher und kultureller Beziehung den Bauernstand zu seinem Rechte zu verhelfen. Die Interessen für den Berufsstand seien für Mann und Frau gleichbedeutend. Des weiteren besprach der Redner die politische Lage bezüglich Sachverständigengutachten und Handelsverträgen, Währungs- und Kreditverhältnisse. Er schloß mit dem Appell des Zusammenhaltens. – Herr Stadtschultheiß Schroth dankte den Vortragenden für ihre Ausführungen und schloß den offiziellen Teil der Tagung. Nun folgten noch verschiedene gesangliche und theatralische Darbietungen zum Abschluß des 1. Bezirkslandfrauentages.

Tauber-Zeitung, 31. 3. 1925