( ) Niederstetten, 16. März. Zu einer großen Kundgebung der Teilnahme seitens unserer Einwohnerschaft und des weiteren Umkreises unserer Stadt wurde die Beerdigung des auf so schreckliche Weise verunglückten Schlossermeisters Herrn Friedrich Mayer. Ein 68jähriger, dem niemand sein Alter ansah, war er noch in voller Manneskraft, ein Handwerker vom alten Schlag und zugleich ein moderner fortschrittlicher Geschäftsmann. So wurde er durch das scheuende Gespann jäh aus dem Leben gerissen. Unabsehbar war das Leichengefolge, welches ihn zur letzten Ruhe geleitete, ein Zeichen der hohen Achtung, welche er genossen hatte, ein Zeichen der Trauer und es Mitgefühles für seine Hinterbliebenen.

( ) Niederstetten, 16 März. Die Tageszeitungen melden, daß Herr Stadtpfarrer Hahn auf sein Ansuchen in den Ruhestand ersetzt versetzt wurde. Wer eine so große Reihe von Dienstjahren hinter sich hat und auf eine erfolgreiche Arbeit im Dienste seines Glaubens und der Allgemeinheit zurückblicken darf, dem ist auch die Ruhe zu gönnen. Und doch ist zu bedauern, wenn ein gewissenhafter und treuer Hirte aus seinem Amte scheide. Fast zwei Jahrzehnte seiner Arbeit hat Herr Stadtpfarrer Hahn unserer Stadt u. der hiesigen evangelischen Gemeinde gewidmet. Vom tiefen Ernste seiner Aufgabe durchdrungen, hat er immer die Liebe gelehrt und in den Zeiten schlimmster religiöser und politischer Verhetzung seine ganze Person für den Dienst des inneren Friedens in die Waagschale geworfen. Als Mitglied der Fürsorgebehörde hat er stets den Armen ein warmes Herz bezeugt. Streng im Glauben hat Hr. Stadtpfarrer Hahn sich doch für alle Zeitbewegungen ein eigenes Urteil gebildet und manches Gute darin anerkannt. Dabei war ihm seine Gattin alle Zeit eine treue Helferin. Denn auch Frau Stadtpfarrer Hahn hat sich der Not der Zeit nicht verschlossen. Ihre Fürsorge galt besonders den Fortschritt der ländlichen Hausfrau. Arme und Kranke fanden in ihr eine liebende Helferin. Nicht um einem Herkommen zu entsprechen, sind diese Zeilen geschrieben, sondern um der Wahrheit die Ehre zu geben. Wenn auch Herr Stadtpfarrer Hahn aus seinem Amte scheidet, er wird noch nicht ganz ruhen. Möge ihm noch viele Gelegenheit geboten sein, im Vereine mit seiner Gattin noch viele Jahre zum Segen der Menschen Gutes zu wirken.

Vaterlandsfreund, 19. 3. 1929