() Niederstetten, 31. März. Die Zeiten, in welchen der Lehrer der gefürchtete Schultyrann war, liegen weit hinter uns. Das zeigte sich bei der vorgestrigen Schulentlassungsfeier der evang. Volksschule sehr deutlich. Unter Leitung des Herrn Oberlehrer Wahl kam eine Vortragsfolge zur Abwicklung, welche nur mit viel Mühe u. Liebe seitens der Lehrkräfte den Kindern beigebracht sein konnte. Der erste Teil der Vortragsfolge trug den Titel „Neuer Frühling ist gekommen“. In Gesang, Deklamation und Reigen wurde der weltbeglückende Frühling in Natur und im Leben der Völker gepriesen. Zwei Gesamtspiele waren eingefügt: „Abenteuer im Walde" und „Wettrennen zwischen Hasen und Swinegel". Das reizende, wunderbar gefällige und natürliche Spiel der zum Teil den ersten, zum Teil späteren Schuljahren angehörigen Mädchen und Knaben fand begeisterte Aufnahme. Der zweite Teil der Vortragsfolge trug den Titel "Von Wertarbeit in alter und neuer Zeit“. „In Wort und Lied fehlten da nicht des Handwerksburschen Wanderlust bis zum modernen Lied der Arbeit. Auch des grausigen Geschehens bei den großen Bergwerksunglücken war in dem Sprechchor "Der Tod im Schacht" gedacht worden. Das Gedicht Adalbert von Chamissos "Der rechte Barbier“ fand in origineller Weise szenische Wiedergabe. Alle die kleinen und großen Kinder machten ihre Sache ausgezeichnet, man fühlte, daß ihnen mit den Worten auch der Geist der einzelnen Dinge nahegebracht worden war. Die Herren Oberlehrer Wahl und Hauptlehrer Hauff-Herrenzimmern erfreuten die Zuhörer durch klassische Musik auf Klavier und Violine. Die Begrüßungsrede hielt Herr Oberlehrer Wahl, welcher einer großen Zuhörerschaft, darunter vielen auswärtigen Lehrern den Willkommgruß entbieten konnte. Er wies darauf hin, daß auch heute, in der Zeit des ausgeprägtesten Berechtigungswesens, die Volksschule noch eine wichtige Mission zu erfüllen habe. Zum guten Glück hätten sich bei dem Sparkommissar das Kultusministerium und andere maßgebende Behörden schützend vor die Volksschule gestellt. Die Schule wurde im vergangenen Jahr von 135 Schülern besucht, im kommenden Jahr werden es etwa 150 Schüler sein. Herr Bürgermeister Schroth dankte namens der Elternschaft Herrn Oberlehrer Wahl für den schönen Abend und dem Lehrkörper der evang. Volksschule für alle Mühe, welche die Lehrer unter dem Jahre mit den Kindern haben und für die vollkommene Pflichterfüllung, welche die Lehrer beseelt. Alle Anordnungen für den Abend waren nur zu loben. Die Kinder wie die Erwachsenen waren alle sehr gut untergebracht, es herrschte mustergiltige Ordnung, die Vortragsreihe wurde flott durchgeführt. Die Kinder fühlten sich stolz in ihren Rollen, die Eltern freuten sich der Leistungen ihrer Kinder und alle Teilnehmer an der Feier sonnten sich am Glücke der Jugend. So schloß die Feier mit einem glücklichen Akkorde.

Vaterlandsfreund, Nr. 76, 1. 4. 1931