() Niederstetten, 1. Juni. Obstbauinspektor Schweizer-Kupferzell hielt gestern im Löwensaale einen sehr lehrreichen Vortrag über Obstbau und alle damit zusammenhängenden Fragen. Dem Vortrag wäre ein besserer Besuch zu wünschen gewesen. Herr Schweizer gab, von Lichtbildern unterstützt, genaue Angaben über die Behandlung der Obstbäume von früher Jugend an. (Wir haben bereits darüber in einem früheren Referat über einen Vortrag des gleichen Redners berichtet.) Er ging dann zu der Frage über, wie der Ertrag des deutschen Obstbaues gesteigert werden könne und insbesondere, wie der deutsche Obstbau gegenüber der Auslandskonkurrenz wettbewerbsfähig gemacht werden könne. Die erste Notwendigkeit sei die Sortenvereinfachung. Mit Staatsbeiträgen seien in den letzten Jahren bereits 385000 Obstbäume, alle in wenigen Sorten, aufgepfropft worden. Für den, der nicht mitmacht, werde die Absatzkrise schlimmer werden, sobald mehr gute Sorten auf den Markt kommen. Das deutsche Obst übertreffe heute schon an Güte das Auslandsobst, das Ausland sei nur in der besseren Pflege voraus. Um zu besserem Obst zu kommen, müsse der Baum von Jugend auf richtig behandelt werden. Dann sei eine gute und richtige Düngung notwendig. Viel zu wenig Augenmerk werde bis jetzt auf die Schädlingsbekämpfung gerichtet. Das Spritzen der Weinberge im Winter einmal, im Sommer mehrmals, sei unerläßlich. Der Redner gab die geeignetesten Mittel an. Schließlich kam er auf den Obstabsatz zu sprechen. Das Obst muß sorgfältig gepflückt und schon beim Pflücken vorsortiert werden. Wurmige und kleine Aepfel müssen gleich ausgeschlossen werden. Das Obst muß gleich in Kisten frostfrei gelagert werden. Späte Sorten müssen aufbewahrt werden und dürfen erst zur Zeit der Genußreife auf den Markt kommen. Den Verkauf besorgt in Württemberg als Treuhänder die Kaufstelle landw. Genossenschaften. Auch da wo kein Lagerhaus am Platze ist, ist dies der Fall. Das Obst wird genau nach Gewichtsklassen sortiert in Kisten von 30-40 Pfund, jedes Stück in Papier gewickelt eingelegt. Jede Sorte selbstverständlich genau getrennt. Im Großhandel wird dieses Obst heute schon nach „Stück per Kiste“ gehandelt und bringt hohe Preise. Im Jahre 1929 seien aus Reichsmitteln für diese Zwecke 375 000 Mark aufgewendet worden. Als für unsere Gegend geeignete Sorten empfahl der Redner Boskop und Gewürzluike und den Schweikheimer Rambur. Der Winterrambur, welcher vielfach gepflanzt werde, gelte heute als fader Apfel, auch die Baumannsreinette sei nicht zu empfehlen. Herr Bürgermeister Schroth dankte dem Redner für seine allgemein mit großem Beifall aufgenommenen Ausführungen und gab die Anregung zur Gründung eines Obstbauvereins, welche auch betätigt wurde.

Vaterlandsfreund, Nr. 125, 2. 6. 1931