Niederstetten, 2. Okt. (Erneuerung der Schloß- und kath. Stadtpfarrkirche.) Dank einer hochherzigen Stiftung war es der Kirchengemeinde möglich, die Schloß- und Pfarrkirche im vergangenen Vierteljahrhundert einer gründlichen Erneuerung zu unterziehen. Das Hauptziel derselben war, die Kirche soweit wie möglich in ihrer Ursprünglichkeit wieder herzustellen. Die Kirche, in den südöstlichen Flügel des Schlosses in den Jahren 1749/52 als Barockkirche eingebaut, erhielt im Laufe der Jahrzehnte bei den einzelnen Renovationen, vom damaligen künstlerischen Standpunkt aus, verschiedentlich Verböserungen statt Verbesserungen. So kam um 1800 anstelle des ursprünglichen Tabernakels ein schwerer, plumper von hellenisierender Art. 1859 kamen anstelle der alten barocken Stationen solche vom Nazarenerstil hinzu. 1863 mußten die lebensvollen, künstlerisch wertvollen, wuchtigen Barockfiguren der Unbefleckten, der beiden Apostelfürsten und großer Barockengel weichen und neugotischen Figuren Platz machen. Das Gestühl, die Beichtstühle, Kommunionbank wurden hellgelb angestrichen, die Wände wurden überladen mit wertlosen Bildern, die Decke erinnerte eher an eine schlecht gepflegte Küche.

Die Leitung der Erneuerung hatte, nach Anweisung der Standesherrschaft, Kunst- und Kirchenmaler Hammer-Ulm, der dann die Sache zur größten Zufriedenheit aller löste, ganz im Einvernehmen des Bischöflichen Ordinariates, des württ. Landesamtes für Denkmalpflege, der Standesherrschaft und des Stadtpfarramtes. Handwerker am Ort wurden, soweit wie möglich, beigezogen.

Die richtige Grundstimmung wurde geschaffen durch Kalktönung der Putzflächen in lichthellen, warmen Tönen und in Weiß, und durch Freilegung des tiefdunklen Eichenholzes am Gestühl, den Beichtstühlen und an der Kommunionbank. Dieser kraftvolle Kontrast bildet nun die Grundlage, auf der alles Geformte, Farbige u. Goldige zu seinem Recht kommt. Das Grau u. Rot in d. Fürstenloge lichtet sich in d. Kanzel auf, wird in den beiden Seitenaltären noch von dem feinen Lichtblau bereichert und erreicht in stärkster Aufhellung am Hochaltar eine geradezu duftige Frische, so daß in den weißpolierten Figuren des Hochaltares und dem neuen Tabernakel die Stimmung lichter Verklärung vorherrscht. Erreicht wurde dieser feierlich-fröhliche Eindruck durch Freilegung des äußerst fein und zartgestimmten Stuckmarmors von aller Oelfarbe, durch Fassung aller Ornamente in echtes Glanzgold, durch Entfernung des schwerfälligen alten Tabernakels, der als Drehtabernakel sowieso den kirchlichen Vorschriften nicht mehr entsprach, und durch Einbau eines neuen, kleineren, aus Panzerstahl mit Metallverkleidung, und besonders durch die Wiederaufstellung der barocken Figuren der Unbefleckten, der beiden Fürstenapostel, und zweier Engel, die seit 1863 auf der Schloßbühne ihr Dasein fristeten und zum Glück noch erhalten waren. In ihrer lebhaften Bewegung, in Formwandel und Ausdruckskraft sind sie erstklassig.

Am strahlenumgebenen Tabernakel sieht man in der matten Messingverkleidung ein Feld in Form eines stumpfen Kreuzes, dessen Grund aus Kupfer besteht. Darauf steht in gehämmerter Silberschrift Adoro te devote latene deitas (In Demut bet ich dich verborg'ne Gottheit an). Das Weiß der Hochaltarfiguren und das rötliche des Marmors kehren hier im Kupfer und Silber des Tabernakels in edelster Weise wieder. Zwei Reliquiare, dem alten Tabernakel entnommen und geschickt zu Standreliquiaren umgearbeitet, flankieren mit den Leuchtern den Tabernakel.

Die neuen Stationen, die ebenfalls einer edlen Stiftung zu verdanken sind, passen nun vorzüglich zu dem Stil der Kirche, sie sind von der Künstlerhand Hammer auf leichtgewölbten schildartigen Kartuschen gemalt, von ganz einfachen, schmalen, vergoldeten Ornamenten umgeben, Kopien nach einem Meister J. M. L. 1767, der im Oberland hin und wieder erscheint.

Sie sind erfüllt von lebhafter Bewegung und doch ergreifend und volkstümlich religiös. Bei verschiedenen Gemälden wurden die Uebermalungen abgenommen, die alten Weihekreuze wurden wieder aufgedeckt und bilden zusammen mit den rot-grau behandelten Schmiedeisenleuchtern der Rokokozeit einen sehr schönen Schmuck der Kirche.

So hat das ganze Kircheninnere wieder eine ruhige, vornehme Wirkung erhalten, wirkt durch seine lichte, frohe Art und Gestaltung auf Herz und Gemüt erhebend und erfreulich. Das Werk lobt den Meister.

Der Franke, Nr. 232, 5. 10. 1934