Niederstetten, 29. Dez. Am 8. Dezember waren in der katholischen Volksschule wieder, wie jedes Jahr, Seelsorger, Lehrer und Eltern mit Freunden und Gönnern versammelt, um mit den Kindern, die ihrer jährlichen Bescherung mit wahrem Glücksgefühl entgegensahen, eine ebenso würdige als wohlgelungene Advents- und St. Nikolausfeier zu begehen. Letzten Sonntag, 4. Adventssonntag, konnte der hiesige Löwensaal die Leute, groß und klein, kaum fassen, die wieder herbeigeeilt waren, der Weihnachtsfeier der kath. Diasporagemeinde anzuwohnen, Das Gesehene und Erlebte sollte die Erwartungen der weihnachtlich gestimmten Besucher bei weitem übertreffen. Ganz pünktlich konnte der H. H. Stadtpf. Mayer in begeisternd markanten Worten der Bedeutung der Abends gerecht werden, die in froher Feststimmung Erschienenen begrüßen und die Feier eröffnen. "Friede auf Erden den Menschen, die eines guten Willens sind!” konnte er wohl geeignetere Worte finden, die in Sehnsucht nach dem Welterlöser harrenden Menschenherzen zu erschließen und vorzubereiten auf das Einleitungsstück des Abends: " Die frohe Botschaft von Bethlehem" von Ernst Solmsen. Fromm und erbauend erschollen die gemeinsam gesungenen Weihnachtsweisen durch den Saal, während in kurzen Bildern das Geschehen der heiligen Nacht an unserem Geiste vorüberzog. Mit gesteigerter Begeisterung ließen sich nun die Zuhörer in dem folgenden Weihnachtsspiel „Am Himmelstor“ von W. Bergander in den wahren Geist der heiligen Weihnacht einführen. Wie strahlten die Augen aller, als sie Petrus dem Goldflügelein zurufen hörten: Lausch, Liebes, ein heiliges Rufen hob an, die Glocken haben die Münder aufgetan u. rufen's in jauchzenden Worte von Ort zu Orten: Nun ist es Weihnacht wieder! Aufwachen Lieder, lang vergessen, die staunend von den schweren Lippen gleiten, ein jeder fühlt, was er als Kind besessen und jedem ist, als spräche seine Mutter wie vor Zeiten: „Nun ist es Weihnacht wieder." Allüberall geht's wie ein stilles Händereichen von Mensch zu Mensch. Und jeder fühlt als Uralt-Neues in sich werden den Glauben an des Lichtes Siegeszeichen und an den Sehnsuchtstraum: Friede auf Erden! Was nun folgte, muß man selbst erlebt und gesehen haben, um die weihevolle Stimmung und selige Weihnachtsfreude, die nun alle in ihren Bann schlug, zu ermessen. Rupprecht, die vielen Engelein, Wolkenkinder und Sternenbübchen, sie alle wetteiferten mit dem Petrus, den Alten, Armen, Verlassenen, Unbeachteten und Einsamen des Erdenlebens echte Weihnachtsseligkeit zu bringen. Haben die kath. Volksschule und der Kirchenchor alljährlich Proben ihres Könnens in gesteigerter Folge abgelegt, hier in diesem Stück haben sie wohl den Höhepunkt erreicht. Beim lustigen Schlußstück: „Warum der Weihnachtsmann dieses Jahr beinahe zu spät gekommen wäre", in zwei Aufzügen von E. Werkmeister, kamen die Kinder auf ihre Rechnung. Mit herzlichen Dankesworten beschloß der H. H. Stadtpfarrer d. in allen Teilen erfolgreich abgewickelte Feier. Nur allzubald forderte der Alltag wieder seine Rechte, ließ jedoch alle im Hochgefühl scheiden, eine selige Weihnacht erlebt zu haben.

Der Franke, Nr. 303, 31. 12. 1934